Religion an der Hochschule

Unterzeichnung des Positionspapiers "Religion an der Hochschule" am 7.11.2019 in Frankfurt.

Von links nach rechts: Bacem Dziri (RAMSA), Clemens Kilian (KHP), Jürgen Hünten (KHP), Kaan Orhon (RAMSA), Lars Hofnagel (KHP), Noa Luft (JSUD), Redouan Aoulad-Ali (RAMSA), Miriam Schubert (ESG), Gernot Spiess (SMD), Annette Klinke (ESG), Corinna Hirschberg (ESG)

Foto: ESG

„Mehr als forschen und lehren – Religion an der Hochschule“

Mehr als 70 Teilnehmende, Vertreter*innen von religiösen Organisationen an Hochschulen, Studierende, Mitarbeitende und Lehrende, haben am 18. Januar 2024 in einer bundesweiten digitalen Fachtagung über den Stand der Religionsfreiheit an deutschen Hochschulen diskutiert. 

Zu Beginn der Tagung stellte der Erlanger Politikwissenschaftler und Menschenrechtsexperte Heiner Bielefeldt klar, dass Religionsfreiheit als individuelles Menschenrecht auch im Raum der Hochschulen unbedingte Gültigkeit habe. Im deutschen Rechtssystem werde Religionsfreiheit im Rahmen einer „respektvollen Nichtidentifikation“ und einer „raumgebenden“ Distanzierung des Staates und seiner Einrichtungen gegenüber den Religionsgemeinschaften großzügig ausgelegt. Allerdings - so schränkte Bielefeldt ein - stehe diese Haltung in einer zunehmenden Diskrepanz zu den allgemeinen Auffassungen von Religionsfreiheit in Gesellschaft und auch bei vielen Hochschulleitungen. Nicht wenig trügen dazu die fälschliche Verwendung der Religionsfreiheit für problematische gesellschaftspolitische Forderungen bei.

Dorit Schumann, Präsidentin der Hochschule Trier und bis vor Kurzem als Vizepräsidentin der HRK auch für Diversität zuständig, sieht das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz als einen wichtigen Orientierungsrahmen für das Handeln der Hochschulen auch im Umgang mit religiösen Gruppierungen. Ebenso wie der Kanzler der gastgebenden Goethe-Universität Frankfurt, Ulrich Breuer, schätzt Schumann das Potential, das Religionsgemeinschaften im Zusammenhang mit der Prävention von Extremismus, mit ethischen Diskursen und ganz allgemein als Bereicherung der menschlichen Vielfalt in die Hochschulgemeinschaft einbringen können. Vielfalt sei für die Hochschulen als internationale Akteure ein hohes Gut. Der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft habe einen großen Auditprozess in Gang gesetzt, bei dem es um die systematische Förderung von Diversität an Hochschulen im breiten Sinn gehe. Und die HRK selbst habe ein Projekt zur Förderung von Diversität aufgelegt. Innerhalb der HRK gebe es durchaus die Ansicht, dass die Hochschulen in diesem Kontext auch den Religionsgemeinschaften Handlungsräume eröffnen bzw. die Ausübung von religiöser Praxis schützen sollten. So könne etwa im Zusammenhang der Terminierung von Prüfungszeiten auf religiöse Feiertage Rücksicht genommen werden.

In drei Workshops tauschten sich die Tagungsteilnehmenden über die Bedeutung von Religion als Teil einer lebendigen Campuskultur aus, über den Zusammenhang von Identitätsbildung und Religionsausübung im Raum der Hochschule sowie über die Potentiale von Räumen der Stille für die (inter-)religiöse Sensibilisierung. In der abschließenden Podiumsdiskussion, an der zusätzlich Joachim Valentin, stv. Vorsitzender des Rats der Religionen in Frankfurt, und Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, teilnahmen, wurden zwei Dinge deutlich: Um dem Recht auf Religionsfreiheit auch im Hochschulraum Geltung zu verschaffen, braucht es einerseits mehr religionspolitische und auch religiöse Sensibilisierung und Beratung in den Hochschulleitungen. Hier begrüßten die Teilnehmenden die ermutigenden Signale aus dem Präsidium der HRK. Andererseits erkannten alle Vertretungen der religiösen Hochschulorganisationen, dass sie noch viel stärker als bisher die praktische interreligiöse Zusammenarbeit auf Augenhöhe miteinander entwickeln und pflegen sollten. Für die bundesweite Interreligiöse Arbeitsgruppe „Religion an der Hochschule“, die die Tagung organisiert hatte, war das fast schon so etwas wie ein Arbeitsauftrag.

Kontakt:

Der bundesweiten Interreligiösen Arbeitsgruppe „Religion an der Hochschule“ gehören an: die Bundes-ESG, der Bundesverband Katholische Kirche an Hochschulen, die Jüdische Studierendenunion Deutschlands (JSUD) sowie der Rat muslimischer Studierender und Akademiker (RAMSA)

 

Unterzeichnung des Positionspapiers "Religion an der Hochschule" am 07.11.2019 in Frankfurt

Die bundesweite, interreligiöse Arbeitsgemeinschaft „Religion an der Hochschule“ hat 2019 das
Positionspapier „Religion an der Hochschule“ erarbeitet. Anlass für dieses Papier waren
die unterschiedlichen Erfahrungen, die religiöse Hochschulgruppen mit ihren Angeboten an
den Hochschulstandorten mach(t)en. So spiegeln die Erklärungen des Papiers sowohl die
Positionen der unterzeichnenden Gruppen wider, als auch, dass sie sich zu den
beschriebenen Werten verpflichten.
 

> Hier geht es zum Positionspapier

Aktuell bereitet die AG eine Veranstaltung zum Thema „Religion an der Hochschule“ für Januar 2024 vor.

 

Beschluss der 4. ordentlichen Vollversammlung der ESGn in Dortmund

Auf der 4. ordentlichen Vollversammlung der ESGn in Dortmund wurde beschlossen, sich den Text "Religion an der Hochschule",erarbeitet von der interreligiösen Arbeitsgruppe auf Bundesebene, zu eigen zu machen. Dieser Text ist als Selbstverpflichtung und Positionspapier zu verstehen und soll gleichzeitig als Argumentationshilfe im Gespräch mit Hochschulleitungen und studentische Selbstverwaltungen dienen. Insgesamt ist er Bestandteil des gemeinsamen Prozesses mit den katholischen Organisationen, dem RAMSA und der JSUD.

> Hier geht es zum Beschluss

 

Konsultation "Religion an der Hochschule" am 20.01.2017

Zur Konsultation „Religion an der Hochschule“ trafen sich am 20. Januar 2017 im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) rund fünfzig Vertreterinnen und Vertreter aus den Evangelischen Studierendengemeinden und den Landeskirchenämtern sowie geladene Gäste aus befreundeten Organisationen, u. a. vom Katholischen Forum Hochschule und Kirche (FHoK).
Eingeladen hatte der Bundesverband der Evangelischen Studierendengemeinden aufgrund der aktuellen öffentlichen Diskussion, inwieweit die Ausübung von Religion einen Platz an den Hochschulen hat. Zunächst stellte Corinna Hirschberg Ergebnisse einer internen Umfrage in den ESGn und EHGN vor. Eine Einschätzung aus ihrer jeweiligen Perspektive gaben anschließend Prof. Dr. Walter Rosenthal, Präsident der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Prof. Dr. Hans Michael Heinig, Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der EKD. In Arbeitsgruppen diskutierten die Teilnehmenden die vielfältigen Probleme und entwickelten Handlungsmöglichkeiten. Der Klärungsprozess ist ein wichtiger Baustein für die zukünftige Gestaltung des universitären Lebens auf dem Campus.

> Pressemitteilung der EKD als Download

> Protokoll der Konsultation als Download

Vortrag von Prof. Dr. Walter Rosenthal, Präsident der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Vortrag von Prof. Dr. Walter Rosenthal, Präsident der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Foto: ESG

Standortbestimmung der Bundes-ESG auf der Grundlage eines Beschlusses der Vollversammlung

Als Bundesverband der Evangelischen Studierendengemeinden (Bundes-ESG) beschäftigt uns das Thema „Religionsfreiheit im akademischen Umfeld: Verständnis und praktische Umsetzung“. Im Austausch zwischen den Orts-ESGn stellen wir fest, dass die Möglichkeiten, als religiöse Gruppen an Hochschulen und Universitäten aufzutreten, sehr unterschiedlich sind.

Wir nehmen die Tendenz wahr, dass Religionsfreiheit an einigen Hochschulen / Universitäten zunehmend nicht als Freiheit für Religion, sondern als Freiheit von Religion interpretiert wird. Wir hinterfragen die gängige Auslegungspraxis, dass die negative Religionsfreiheit die einzig mögliche Interpretation darstellt.

Im Sinne eines umfassenden Diversitykonzeptes ist Religiosität als eine menschenbestimmende Dimension wahrzunehmen (www.charta-der-vielfalt.de). Ihr Vorkommen im Kontext des universitären Lebens und der Diskurs darüber erweitern den Horizont der Studierenden und Mitarbeitenden, unabhängig von der eigenen Religionszugehörigkeit.

Das Lernen gegenseitiger Akzeptanz ist notwendig, damit Menschen ihre Persönlichkeit positiv entwickeln können. Das Bereitstellen öffentlicher Räume für Religionen verpflichtet diese, sich dem Diskurs zu stellen und  verhindert, dass sie in ein Nischendasein abgedrängt werden.
Daher sehen wir geistige Freiräume konkret dann bedroht, wenn das Thema Religion beispielsweise aus Angst vor Diskriminierung Anders- oder Nichtglaubender aus der akademischen Öffentlichkeit herausgehalten wird. Umgekehrt verpflichtet der öffentliche Diskurs die Religionsgemeinschaften zur aufrichtigen Klärung der Definition missverständlicher Begriffe wie zum Beispiel „Mission“.

Wir wünschen uns, dass Religionsfreiheit positiv verstanden wird und nicht zum ideologischen Schlagwort verkommt.

Wir wünschen uns, dass Universitäten und Hochschulen eine Plattform für einen regen Austausch zwischen Mitarbeitenden und Studierenden aller Weltanschauungen und Religionen bieten.

Wir wünschen uns, dass die Besonderheiten der einzelnen religiösen Gruppen ernst genommen werden und als Bereicherung verstanden werden.

Text als Download

 

Kontakt

Corinna Hirschberg

Corinna Hirschberg
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M | ch(at)bundes-esg.de
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F | +49 511 1215-299

Annette Klinke

Annette Klinke
Referentin für Internationale Beziehungen und Ökumene

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